
Das große Missverständnis in Deep Tech Finanzierung – Warum betriebswirtschaftliche Logik hier versagt
Deep Tech Startups entstehen aus bahnbrechenden wissenschaftlichen Durchbrüchen – sei es in der Quantenphysik, Materialwissenschaft oder Biotechnologie. Ihre Gründer bewegen sich an den Grenzen des physikalisch Machbaren. Doch genau hier liegt das Problem: Viele glauben, dass eine überlegene Technologie automatisch den Markt erobert. Schließlich haben sie ein Problem gelöst, das vorher niemand lösen konnte.
Doch der Markt folgt nicht den Gesetzen der Physik – er folgt ökonomischen Mechanismen. Und genau das ist der Punkt, an dem viele Deep Tech Startups scheitern.
Die Illusion der technologischen Überlegenheit
In der Wissenschaft zählt die Qualität einer Lösung. In der Wirtschaft zählt, wer sie zuerst strategisch verankert. Eine effizientere Batteriechemie oder ein bahnbrechendes Biomaterial sind auf molekularer Ebene revolutionär – doch wirtschaftlicher Erfolg entsteht nicht allein durch technologische Überlegenheit.
Das beste Beispiel ist die Videokassette: VHS wurde zum Standard, obwohl Betamax überlegen war.
Technologie wird nicht daran gemessen, wie innovativ sie ist, sondern wie gut sie positioniert, finanziert und industrialisiert wird. Und genau hier liegt der blinde Fleck vieler Deep Tech Gründer.
Technologie, Geschäftsmodell und Exit – Ein untrennbares System
In der Wissenschaft ist Fortschritt linear: Hypothese, Experiment, Ergebnis. In der Startup-Welt funktioniert diese Reihenfolge nicht – doch viele Deep Tech Gründer verfallen genau in dieses Muster.
Sie entwickeln jahrelang ihre Technologie, suchen dann nach Investoren und stellen sich erst spät die Frage nach dem Exit.
Diese Reihenfolge ist fatal.
Technologie, Geschäftsmodell und Exit müssen als ein homogenes System betrachtet werden. Wer erst über Monetarisierung nachdenkt, wenn das Produkt fertig ist, läuft Gefahr, eine brillante, aber unverkaufbare Technologie zu entwickeln.
Ein Unternehmen, das auf Produktverkäufe setzt, obwohl Lizenzierungsmodelle sinnvoller wären, wird massive Skalierungsprobleme haben.
Wer den Exit nicht mitdenkt, baut möglicherweise eine geniale Technologie – aber kein wirtschaftlich verwertbares Unternehmen.
Warum klassische BWL-Modelle in Deep Tech versagen
Investoren und Berater aus der klassischen BWL-Welt bewerten Unternehmen nach Umsatz, Skalierbarkeit und Markteintrittsbarrieren. Doch diese Logik stammt aus einer Welt, in der Produkte und Dienstleistungen keine physikalischen, chemischen oder biologischen Grenzen haben.
Deep Tech aber folgt anderen Gesetzen:
Umsätze sind oft erst spät möglich – und das ist auch gut so. Der Wert eines Deep Tech Startups entsteht nicht durch kurzfristige Verkäufe, sondern durch IP, regulatorische Zulassungen oder industrielle Marktzugänge.
Skalierung ist nicht linear. Während SaaS Startups einfach mehr Serverkapazität buchen können, kann ein Hochleistungsmaterial nicht unbegrenzt schnell produziert werden. Thermodynamik, Materialverfügbarkeit und Produktionsengpässe setzen harte physikalische Grenzen.
Regulatorische Hürden sind ein strategischer Vorteil. BWLer sehen in ihnen eine Eintrittsbarriere. Für Deep Tech Unternehmen sind sie eine Verteidigungslinie: Wer regulatorische Hürden früh meistert, sichert sich exklusive Marktzugänge, die andere erst Jahre später erreichen.
Warum klassische Geschäftsmodelle Deep Tech in die Sackgasse führen
B2B SaaS – Die einfache Welt der berechenbaren Exits
SaaS hat sich als bevorzugtes Geschäftsmodell etabliert, weil es vorhersehbare Einnahmen, geringe Grenzkosten und schnelle Skalierung bietet. Einmal entwickelte Software kann beliebig oft verkauft werden. Investoren lieben SaaS, weil die Finanzierungsstruktur einfach ist und der Exit klar: IPO oder M&A durch einen strategischen Käufer.
Warum das für Deep Tech nicht funktioniert:
Physikalische, chemische oder biologische Grenzen verhindern schnelle Skalierung.
Kapitalintensive Entwicklung: Jahrelange Forschung, Prototypen, industrielle Infrastruktur.
Wert entsteht nicht durch wiederkehrende Umsätze, sondern durch IP, industrielle Anwendung und regulatorische Zulassungen.
Kurz gesagt: Wer Deep Tech mit SaaS-KPIs bewertet, unterschätzt das Potenzial der Technologie oder erzwingt ein nicht tragfähiges Geschäftsmodell.
Deep Tech Startups – Monetarisierung jenseits klassischer Umsatzmodelle
Viele Deep Tech Technologien erfordern spezialisierte Forschung, teure Labore und industrielle Infrastruktur. Ohne strategische Finanzierungsquellen entstehen schnell Engpässe. Erfolgreiche Monetarisierungsmodelle sehen deshalb anders aus:
Industriepartnerschaften für Co-Development.
Staatliche und europäische Fördermittel als gezielte, zweckgebundene Finanzierung zur Risikenmitigation.
Hybridmodelle mit ergänzenden Dienstleistungen, um frühzeitig Cashflow zu generieren.
Ein Exit in Deep Tech basiert nicht auf kurzfristigen Umsätzen, sondern auf dem strategischen Wert der Technologie. Erfolgreiche Modelle:
Asset Deals: Verkauf von IP, Produktionskapazitäten oder exklusiven Technologien.
Akquisition durch Corporates: Unternehmen übernehmen Technologien und bringen sie zur Marktreife.
Lizenzierungsmodelle: Technologien werden an mehrere Unternehmen lizenziert, statt sie selbst zu produzieren.
Life Sciences – Monetarisierung trotz (oder wegen) Regulierung
Keine Industrie ist kapitalintensiver und stärker reguliert als die Life Sciences (noch immer schimpfen über die böse Big Pharma und teure Medikamente?).
Biotech, Medtech und Pharma Startups stehen vor den längsten Entwicklungszyklen überhaupt – oft dauert es mehr als ein Jahrzehnt, bis eine Technologie oder ein Medikament die Marktreife erreicht. Der Weg dorthin ist mit klinischen Studien, umfangreichen Sicherheitsprüfungen und regulatorischen Zulassungen gepflastert, die nicht nur zeitaufwendig, sondern auch extrem kostenintensiv sind (6-stellig wird wohl das Minimum sein, da hilft keine pre-Seed-Finanzierung). Gleichzeitig sind die Markteintrittsbarrieren so hoch, dass nur wenige Akteure überhaupt Zugang zu diesen Märkten bekommen. Was für viele Investoren ein Hindernis darstellt, kann jedoch zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden – wenn das Geschäftsmodell richtig ausgerichtet ist.
Die größte Herausforderung für Life Sciences Startups ist die Finanzierung. Klassische Investoren bevorzugen Geschäftsmodelle mit kurzen Entwicklungszyklen, schnellen Markteinführungen und berechenbaren Umsätzen – all das ist in Life Sciences kaum möglich. Die Annahme, man müsse „nur einen Investor finden“, um die nächsten Jahre der Produktentwicklung zu finanzieren, scheitert häufig an der Realität: Die wenigsten klassischen VCs sind bereit, sich auf das hohe Risiko und die langen Zeithorizonte einzulassen. Gleichzeitig wird oft der fatale Fehler gemacht, Umsatz als wichtigsten Erfolgsindikator zu betrachten.
Doch in Life Sciences kann ein Unternehmen hochprofitabel sein, ohne jemals ein Produkt zu verkaufen – denn sein Wert liegt nicht zwangsläufig in generierten Umsätzen.
Ein erfolgreicher Monetarisierungsansatz in Life Sciences besteht daher nicht darin, möglichst früh eigene Umsätze zu erwirtschaften, sondern strategische Partnerschaften zu nutzen. Statt sich durch die gesamte Entwicklungsphase bis zur Marktreife allein zu kämpfen, lizenzieren viele Startups ihre Technologie schon in einem frühen Stadium an Pharma- oder Medizintechnikunternehmen. Dadurch sichern sie sich nicht nur Finanzierung, sondern auch Zugang zu Infrastruktur, Vertriebskanälen und regulatorischer Expertise. Eine weitere bewährte Strategie ist der gezielte Aufbau eines wertvollen IP Portfolios: Patente können exklusiv oder nicht-exklusiv lizenziert oder im Rahmen von Asset Deals direkt verkauft werden, was frühzeitig Kapital freisetzt, ohne den langen Weg bis zur Produktzulassung gehen zu müssen.
Noch smarter ist der Aufbau von hybriden Plattformmodellen, bei denen eine zugrundeliegende Technologie verschiedene Anwendungen ermöglicht – sei es in der Medikamentenentwicklung, Diagnostik oder Medizintechnik. Anstatt nur ein einzelnes Produkt zu entwickeln, schafft das Startup eine skalierbare Grundlage, die sich flexibel an verschiedene Marktbedürfnisse anpassen lässt.
Wer Life Sciences mit der klassischen Startup-Denkweise betrachtet, wird unweigerlich scheitern.
Disruptive Technologien brauchen disruptive Monetarisierungs- und Exit-Strategien
Viele Deep Tech Gründer versuchen, ihre Finanzierung nach klassischen betriebswirtschaftlichen Modellen zu strukturieren. Sie werden von Investoren gefragt: „Wie sieht eure Go-To-Market-Strategie aus?“, „Wann seid ihr profitabel?“, „Wie skaliert ihr?“ – und versuchen darauf Antworten zu geben, die in den gängigen Business-Jargon passen.
Doch genau hier liegt die Herausforderung: Deep Tech ist keine Software, kein E-Commerce und kein skalierbares Prozess-Optimierungs-Tool.
Deep Tech ist angewandte Naturwissenschaft – und die gehorcht physikalischen, chemischen oder biologischen Gesetzen, nicht betriebswirtschaftlichen Wunschvorstellungen.
-eM.
Ein Chemiker würde niemals von einer „Skalierung“ sprechen, ohne die thermodynamischen Limitierungen eines Systems zu berücksichtigen. Ein Biotechnologe weiß, dass ein biologisches System nicht einfach durch „Effizienzsteigerung“ optimiert werden kann, sondern durch hochkomplexe Wechselwirkungen limitiert ist. Doch genau diese naturwissenschaftlichen Prinzipien werden bei Finanzierungsstrategien regelmäßig ignoriert.
Die meisten Investoren und Berater sind so stark in ihrer betriebswirtschaftlichen Logik gefangen, dass sie fundamentale technische Realitäten nicht verstehen – oder schlimmer: ignorieren (!).
Hier liegt der eigentliche Paradigmenwechsel: Nicht nur die Technologie muss innovativ sein – sondern auch deren Monetarisierung. Deep Tech Startups können es sich nicht leisten, einfach klassische Finanzierungsmodelle nachzuahmen. Wer versucht, ein Labor-intensives Materialforschungs-Startup mit denselben Metriken wie ein SaaS Unternehmen zu bewerten, begeht einen fundamentalen Denkfehler. Ein System mit langen Entwicklungszyklen, unvorhersehbaren Skalierungspfaden und regulatorischen Barrieren kann nicht mit Modellen finanziert werden, die auf kurzen Feedbackschleifen, digitaler Distribution und niedrigen Grenzkosten basieren.
Genau hier scheitern auch die meisten Berater. Klassische BWLer analysieren Geschäftsmodelle anhand von Umsatzstrukturen, Wachstumsraten und Margen – doch sie haben keine Ahnung von Diffusionsprozessen, Skaleneffekten in der Materialproduktion oder regulatorisch bedingten Markteintrittsbarrieren. Während ein Investor fragt: „Wie hoch ist euer Customer Acquisition Cost?“, denkt ein Naturwissenschaftler in Reaktionskinetiken, Prozesskosten pro Einheit und Skalierungslimitationen durch Materialverfügbarkeit. Diese Sprachen sind nicht nur verschieden – sie sind oft unvereinbar.
Viele Berater bieten zur Unterstützung der Finanzierung nur isolierte Lösungen an: „Ich hole euch Fördermittel“, „Ich finde euch Investoren“ – doch ohne das technologische Gesamtsystem zu verstehen, sind diese Lösungen wertlos. Ein Startup, das sich ausschließlich auf Fördergelder verlässt, kann später für Investoren unattraktiv sein. Ein Biotech Unternehmen, das auf klassische Umsatzmodelle setzt, obwohl der Markt auf frühzeitige IP-Transaktionen ausgerichtet ist, verschwendet Potenzial. Der Erfolg eines
Deep Tech Unternehmens entsteht nicht durch einzelne Finanzierungsbausteine, sondern durch eine kohärente Strategie, die Kapitalbedarf, Technologieentwicklung und Exit-Potenziale als ein System betrachtet.
Und genau hier trennt sich die Spreu vom Weizen: Wer Deep Tech nicht in seiner wissenschaftlichen Tiefe versteht, kann auch keine sinnvolle Finanzierungsstrategie entwickeln - du hast es hier zuerst gelesen.
Fazit: Wer diesen Zusammenhang nicht versteht, verschenkt Millionenpotenziale - und Impact.
Deep Tech ist finanzierbar – aber nicht mit den Standardmodellen, die für Software oder klassische Industrien entwickelt wurden. Wer versucht, eine physikalisch oder biologisch begrenzte Technologie mit KPIs aus der digitalen Welt zu bewerten, wird zwangsläufig scheitern. Denn Deep Tech unterliegt anderen Gesetzmäßigkeiten: Entwicklungszyklen sind länger, Skalierung ist nicht exponentiell, und der eigentliche Wert entsteht oft nicht durch direkten Umsatz, sondern durch IP, regulatorische Marktzugänge oder strategische Übernahmen.
Ein durchdachtes Geschäftsmodell entscheidet daher nicht nur darüber, ob Finanzierung möglich ist, sondern auch darüber, welche Finanzierungsquellen sinnvoll sind und welcher Exit überhaupt in Frage kommt. Startups, die sich zu spät mit ihrer Monetarisierungsstrategie befassen, stehen am Ende mit einer bahnbrechenden Technologie da – aber ohne einen Käufer, der sie wirtschaftlich realisieren kann.
Genau hier kommt meine Expertise ins Spiel. Während klassische Berater an den Oberflächenmetriken scheitern und Deep Tech Gründer oft nur ihre Technologie im Blick haben, verknüpfe ich beide Welten strategisch. Ich denke nicht in Umsatzprojektionen, sondern in Wertschöpfungsmodellen, die sich aus den physikalischen, biologischen oder regulatorischen Gegebenheiten ableiten.
Denn am Ende stellt sich eine entscheidende Frage:
Wenn die Technologie schon disruptiv ist – warum sollte dann die Finanzierungs- und Monetarisierungsstrategie nicht genauso revolutionär sein?
-eM.
Was bedeutet das für dich?
Deep Tech ist eine völlig eigene Liga – technologisch, wirtschaftlich und strategisch. Wer das versteht und frühzeitig die richtigen Weichen stellt, kann nicht nur bahnbrechende Innovationen schaffen, sondern auch wirtschaftlich maximieren, was technologisch möglich ist.
Falls du dich fragst, wie das für dein Startup konkret aussehen könnte: schreib uns!
Eure eM.
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